Pflichtteilsrecht
Durch das in Deutschland geltende Pflichtteilsrecht wird den nächsten Angehörigen eine wirtschaftliche Mindestbeteiligung am Nachlass garantiert und der Testierfreiheit des Erblassers eine gesetzliche Grenze gesetzt.
In vielen ausländischen Staaten, zum Beispiel in Großbritannien, gibt es kein Pflichtteilsrecht. Aus diesem Grunde ist es wichtig zu wissen, ob das deutsche Recht oder ausländisches Recht auf den konkreten Erbfall Anwendung findet. Dies gilt sowohl für den Erblasser, wenn er sein Testament errichtet, als auch für die Erben, nachdem der Erbfall eingetreten ist.
Pflichtteilsberechtigte sind nach deutschem Recht allein die Abkömmlinge des Erblasser, seine Eltern und sein Ehegatte oder Lebenspartner im Sinne von § 10 Abs. 6 des Lebenspartnerschaftsgesetzes.
Sie haben nach deutschem Recht auch dann einen gesetzlichen Anspruch auf eine wirtschaftliche Teilhabe an Nachlass, wenn sie vom Erblasser durch Testament oder Erbvertrag zuvor enterbt worden sind.
Der Höhe nach beträgt dieser Anspruch die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Er ist auf die Zahlung eines entsprechenden Geldbetrages durch die Erben gerichtet. Diese können den Anspruch nicht mit Sachwerten aus dem Nachlass erfüllen. Umgekehrt kann der Pflichtteilsberechtigte nicht die Herausgabe oder Übereignung von Sachen aus dem Nachlass verlangen.
Wird ein geset zlicher Erbe durch Verfügung Todeswegen mit einem Erbteil von weniger als dem gesetzlichen Erbteil bedacht, steht ihm ein sogenannter Zusatzpflichtteil zu, der ihm einen Zahlungsanspruch in Höhe des Differenzbetrages verschafft.
Anders als der Erbe wird der Pflichtteilsberechtigte nicht Rechtsnachfolger des Erblassers und auch nicht ein Mitglied der Erbengemeinschaft. Er hat allein einen Anspruch in Geld gegen die Erben.
Ein entstandener Pflichtteilsanspruch ist vererblich und an Dritte übertragbar. Gläubiger können ihn nur pfänden, wenn der Pflichtteilsanspruch durch Vertrag anerkannt ist oder der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch eingeklagt hat.
Bei der Berechnung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs wird der Wert des Nachlasses zum Todeszeitpunkt zugrunde gelegt. Grundsätzlich keine Berücksichtigung findet hierbei der Wert des Hausrats des Erblassers.
Auf eine Wertangabe des Erblassers kommt es bei der Berechnung des Nachlasswerts nicht an.
Die Erben haben dem Pflichtteilsberechtigten auf dessen Verlangen Auskunft über den Bestand des Nachlasses einschließlich von Verbindlichkeiten und Schenkungen zu erteilen. Dies hat durch die Vorlage eines geordneten und übersichtlichen Verzeichnisses zu erfolgen.
Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass dieses Verzeichnis durch einen Notar errichtet wird, der den Nachlassbestand dann selbst zu ermitteln hat (zum Beispiel durch die Einholung vom Grundbuch- und Handelsregisterauszügen, Bankauskünften und Ortsbesichtigungen).
Der Pflichtteilsberechtigte muss sich auf seinen Pflichtteil dasjenige anrechnen lassen, was ihm unter Lebenden vom Erblasser mit der ausdrücklichen Bestimmung zugewandt worden ist, das es auf den Pflichtteil angerechnet werden soll.
Für den Pflichtteilsanspruch gilt eine Verjährungsfrist von 3 Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte von dem Erbfall und der ihn beeinträchtigenden Verfügung von Todes wegen sowie von der Person des Erben Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Eine Pflichtteilsentziehung ist nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich. Sie muss durch Verfügung von Todes wegen, also durch Testament oder Erbvertrag, des Erblassers erfolgen. Dort muss auch der Grund für die Entziehung ausdrücklich aufgeführt werden.
Über ihn würde gegebenenfalls ein Gericht Beweis erheben. Die Beweislast trägt derjenige, der sich auf die Entziehung beruft, also regelmäßig der vom Pflichtteilsberechtigen in Anspruch genommene Erbe.
Ein hinreichender Grund für eine Pflichtteilsentziehung ist maßgeblich dann gegeben, wenn der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser, dessen Ehegatten oder einem anderen nahen Angehörigen nach dem Leben trachtet oder sich einer vorsätzlichen körperlichen Misshandlung diesen gegenüber schuldig gemacht hat, wenn er die ihm gegenüber dem Erblasser bestehende Unterhaltspflicht verletzt hat oder wenn der Pflichtteilsberechtigte wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt worden ist und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist.
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Dr. Jürgen Rodegra
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