Vermächtnisse
Auch wenn beide Begriffe in der Umgangssprache oft gleich gesetzt werden, darf ein Vermächtnis hinsichtlich seiner Bedeutung und rechtlichen Konsequenzen nicht mit einer Erbeinsetzung verwechselt werden.
Es macht einen riesen Unterschied, ob der Erblasser seinem Kind einen Gegenstand aus seinem Vermögen "vermacht" hat oder ob er es als seinen Erben eingesetzt hat.
Der Erbe wird zum Rechtsnachfolger des Verstorbenen. Er wird Eigentümer aller Gegenstände sowie Inhaber aller Rechte und Forderungen, die zum Nachlass gehören.
Er erbt allerdings nicht nur das Vermögen, sondern auch alle Schulden des Erblassers.
Wenn er nicht Alleinerbe ist, bildet er mit den anderen Erben eine Erbengemeinschaft. Er muss sich mit ihnen um die Auseinandersetzung des Nachlasses kümmern.
Demgegenüber will der Erblasser dem Vermächtnisnehmer nach seinem Tod nur gezielt einen Gegenstand, zum Beispiel ein Grundstück oder seinen geliebten Oldtimer, zukommen lassen, ohne ihn als Erben einzusetzen.
Anders als der Erbe wird der Vermächtnisnehmer nicht automatisch mit dem Tod des Erblassers Eigentümer des ihm vermachten Gegenstandes, sondern er kann dessen Herausgabe von dem oder den Erben verlangen.
Als Instrument zur Vermeidung von Erbschaftssteuer taugt ein Vermächtnis allerdings nicht:
Der Vermächtnisnehmer ist genauso zur Zahlung von Erbschaftssteuer verpflichtet wie der Erbe.
Wichtig zu wissen ist, dass ein Vermächtnis nicht für sich allein stehen kann. Es muss immer Teil eines Testaments oder Erbvertrages sein. Im Wege der gesetzlichen Erbfolge kann ein Vermächtnis nicht entstehen. Bei der Formulierung des Testaments oder Erbvertrages ist sorgfältig auf die richtige Wortwahl zu achten, damit es nach Eintritt des Erbfalls nicht zu Missverständnissen kommt:
Den Erblasser kann man ja leider dazu, was er bei der Formulierung des Testaments tatsächlich gemeint hat, nicht mehr befragen. Aus diesem Grunde ist zum Zwecke der Schaffung von Rechtssicherheit bei der Formulierung des Testaments die Hinzuziehung eines im Erbrecht versierten Rechtsanwalts zu empfehlen.
Hat der Erblasser einen seiner Pflichtteilsberechtigten enterbt und ihm stattdessen nur einen einzelnen Vermögensgegenstand vermacht, so steht dem Pflichtteilsberechtigten nach Eintritt des Erbfalls ein Wahlrecht zu:
Er kann entweder das Vermächtnis annehmen und eine danach noch verbleibende Differenz zwischen dem Pflichtteil und dem Wert des Vermächtnisses als Pflichtteilsrest einfordern.
Wenn zum Beispiel der verwitwete Erblasser mit einem Vermögen von € 500.000 seine Tochter in seinem Testament als Alleinerbin eingesetzt hat und zugunsten seines Sohnes ein Vermächtnis über seinen Oldtimer im Wert von € 50.000 aufgesetzt hat, hat der Vater den Sohn durch das Testament als Erbe übergangen und ihn damit enterbt. Der Sohn kann seinen Pflichtteil von € 125.000 verlangen.
Dabei hat er die Wahl, entweder das Vermächtnis anzunehmen und von der Tochter die Herausgabe des Oldtimers zu verlangen und daneben noch eine Restzahlung auf den Pflichtteil in Höhe von € 75.000 oder alternativ kann er das Vermächtnis ausschlagen und den gesamten Pflichtteil in Höhe von € 125.000 verlangen. Vielleicht hat er ja einfach keine Lust dazu, sich ein altes Auto in die Garage zu stellen.
Eine besondere Gestaltungsvariante ist das sogenannte Vorausvermächtnis:
Hat zum Beispiel der Erblasser die Absicht, einem seiner Kinder mehr zu hinterlassen als den anderen, kann er in das Testament ein solches Vorausvermächtnis aufnehmen.
Er verfügt einerseits, dass der Nachlass zu gleichen Teilen zwischen allen Kindern aufgeteilt wird.
Andererseits soll jedoch eine zum Nachlass gehörende Immobilie als Vorausvermächntis an die älteste Tochter gehen.
Bei dieser Ausgestaltung wird die Immobilie nicht auf den Erbteil angerechnet. Die Tochter kann ihren Anspruch noch vor der eigentlichen Erbauseinandersetzung geltend machen. Dadurch kann ein Erbe zugleich auch Vermächtnisnehmer sein.
Aber auch in diesem Fall ist zur Vermeidung von Missverständnissen sehr sorgfältig auf eine juristisch einwandfreie Formulierung zu achten - sonst ist nach dem Eintritt des Erbfalls der Streit zwischen den Geschwistern vorprogrammiert!
Für alle weiteren Fragen im Zusammenhang mit den Rechtsfragen rund um das Vermächtnis stehe ich Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung.